Praxis & Medizin

Akuter Stress verändert die Kontrolle der Genaktivität | Allgemein

Eine neue Erklärung dafür, das Stress das Risiko für seelische und körperliche Krankheiten erhöhen kann

Die Erbsubstanz DNS liefert die Bauanleitung für die Proteine, die der Körper benötigt. Welche Eiweiße eine Zelle herstellt, hängt vom Zelltyp und der Umwelt ab. Sogenannte epigenetische Informationen bestimmen, welche Gene abgelesen werden. Sie fungieren quasi als biologische Schalter.

Ältere Studien offenbarten, dass belastende Erlebnisse und psychische Traumata in frühen Lebensjahren langfristig zu verändererter DNS-Methylierungen führen.

Die Forscher wollten nun wissen, ob dies auch nach akutem psychosozialem Stress geschieht. Dafür untersuchten sie vor allem 2 Gene: das Gen für den Oxytocin-Rezeptor, also der Andockstelle für das "Vertrauens- oder Antistresshormon" Oxytocin, sowie das Gen für den Nerven-Wachstumsfaktor Brain-Derived-Neurotrophic Factor (BDNF), der vor allem für die Entwicklung und Vernetzung von Hirnzellen relevant ist.

Die Wissenschaftler testeten 76 Probanden, die sich einem fiktiven Jobinterview unterzogen und unter Beobachtung Rechenaufgaben lösen mussten: ein probates Mittel, um akuten Stress auszulösen.

Für die Analyse der DNS-Methylierung nahmen sie den Teilnehmern vor dem Stresstest sowie 10 und 90 Minuten danach Blut ab. Stress hatte keinen Einfluss auf die Methylierung des BDNF-Gens. In einem Abschnitt des Oxytocin-Rezeptor-Gens nahm sie jedoch schon in den ersten 10 Minuten nach der Stresssituation zu, was darauf hindeutet, dass die Zellen weniger Oxytocin-Rezeptoren bildeten. 90 Minuten nach dem Stresstest sank die Methylierung unter das Ausgangsniveau vor dem Test, d.h. die Rezeptorproduktion wurde übermäßig stimuliert.